Mittwoch, 7. April 2010

Nachhaltigkeit im Reitsport ist Pflicht – nicht Kür!

Im Allgemeinen sind wir Reiter ja ein naturverbundenes Völkchen und gerade deshalb sollten wir besonderen Wert auf den Schutz und den Erhalt unserer Umwelt legen. Das Team von Green-E-lite möchte deshalb einen Aufruf zum Umdenken an alle Reiter/innen und Pferdebegeisterte starten, denn gerade wir Reiter können dazu beitragen, daß in Zukunft dem Thema Umweltschutz und Nachhaltigkeit in der Reitsportbranche , sowie der Lederindustrie mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird.


Wir haben hier im wahrsten Sinne des Wortes eine „Vorreiter-Rolle“. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, sollten wir unser Konsumverhalten ändern. Lesen Sie hier, warum:

Zur allgemeinen Situation:

Die Produktions- und Exportförderung für Leder in Indien hat eine Tradition, die 70 Jahre zurück reicht und die heutige Globalisierung der Produktion stellt lediglich die Fortsetzung des Welthandels dar, der im 15. Jahrhundert mit gewürzen und Textilien begann und im 19. Jahrhundert mit dem Export von Häuten und Leder immer wichtiger wurde.

Alle großen Markenhersteller der Branche lassen in Indien Reitsportzubehör produzieren. Gründe hierfür sind preiswerte Leder und niedrige Arbeitslöhne. Ein indischer Arbeitnehmer erhält ca. 0,40 Eur pro Stunde, ein italienischer Arbeiter zum Vergleich mit 14 EUR aber das 35fache ( Indo-German Chamber of Commerce 1999) Hinzu kommen noch Exportförderung und Exportqualifizierung der indischen Regierung, gesunkenen Frachtkosten und gute Infrastruktur.
Grundsätzlich ist dagegen auch nichts einzuwenden. Betrachtet man aber die sozio-ökonomischen Umstände, sowie die Auswirkungen auf die dortige Umwelt genauer, dann merkt man schnell, dass sich hier etwas grundlegend ändern muß !
Die indische Lederindustrie beschäftigt 2,5 Millionen Menschen, davon in Südindien um die 70 % Frauen. Die Produktion erfolgt vor allem in kleinen Betrieben, sowie meist unter unglaublich schlechten Arbeitsbedingungen und mit hoher Umweltbelastung.

Seit Beginn der 1980er Jahre wurden die Umweltschäden, die durch die boomende Lederindustrie verursacht werden, von zivilgesellschaftlichen Gruppen aufgegriffen, denn die Versalzung der Böden durch das Auswaschen der Häute und die Kontaminierung des Grundwassers mit Schwermetallen, besonders mit Chrom, führte und führt zu Ernteeibußen und gesundheitlichen Schäden bei der Bevölkerung.

Bei der Herstellung von 100t chormgarem Leder fällt 110t fester Abfall an. Dazu kommen verschiedene Salze, Chemikalien, Farb-und Gerbstoffe, die bei der Arbeit in der Wasserwerkstatt, beim Gerben und in der Zurichterei anfallen. Die Chromgerbung verlangt eine sorgfältige Rückhaltung der belasteten Abwässer und Rückgewinnung oftmals toxischer Chemikalien. (Dagegen könnten die Abfallstoffe einer vegetabilen (pflanzlichen) Gerbung biologisch abgebaut werden. Diese Art der Gerbung jedoch lehnt die Lederindustrie aufgrund des Zeit- und Kostenaufwandes in der Produktionsumstellung ab)

Durch die Arbeit der o.e. Aktionsgruppen Gruppen kam es 1996 endlich zur Vorschrift von Vorklär-anlagen und Chromrückgewinnungsanlagen für Gerbereien, aber immernoch gelangen ungeklärte Gerbereiabwässer in Kläranlagen, die dafür nicht ausgerüstet sind.  Von 220 Gerbereien, die mit dreiwertigen Chromsulfaten gerben, hatten in 2004 nur 80 Chromrückge-winnungsanlagen installiert und ob diese in Betrieb genommen wurden, bzw. betrieben werden, wird genauso wenig geprüft, wie die Funktionsfähigkeit der Vorkläranlagen.
Unzureichend geklärte Abwässer werden sogar zur Bewässerung der Felder eingesetzt. Toxische Schwermetalle (Chrom, Kadmium, Blei, Arsen und Eisen) gelangen in das Grundwasser, in den Boden sowie in die Nahrungskette und führen zu einer langsamen Vergiftung der Bevölkerung – Fehlgeburten, Leukämie, Durchfälle und Hautausschläge sind die unmittelbaren Folgen davon.

Zu den Fakten:

Der Wirtschaftsfaktor „Pferd“ ein Global Player auch in Sachen Nachhaltigkeit und Umweltschutz !
Laut einer IPSOS –Studie gibt es Deutschland ca. 1,6 bis 1,7 Mio Pferdesportbegeisterte mit einer Pferdepopulation von ca. mehr als 1 Mio !!

Hierfür sind wiederum mehr als 10.000 Firmen, Handwerksbetriebe und Dienstleistungsunternehmen in Deutschland tätig, deren Haupt-Geschäftsgegenstand „das Pferd“ ist. Dieser Markt will bedient werden ! Berücksichtigt man dabei noch die ständig wachsende Bedeutung der „Handelsplattform Internet“, findet man sich schnell auf globaler Ebene wieder.
Deutschland steht daher auf der Liste der 10 wichtigsten Importländer für Leder aus Indien, an zweiter Stelle direkt nach den USA und bei dieser Importware handelt es sich hauptächlich um chromgare Leder!
Neben den bereits erwähnten Belastungen für Umwelt und Menschen können jedoch chromhaltige Lederprodukte bei Mensch und Pferd zu gesundheitlichen Irritationen wie z.Bsp. allergischen Reaktionen und Kontaktdermatitis führen.
Laut einer Studie des Fachbereiches Chemie der Fachhochschule Hoexter sind drei Viertel der chromgaren Leder mit grenzwertüberschreitendem Chrom belastet. Chromationen werden in Verbindung mit Schweiß und saurem Speichel mobilisiert, d.h. sie gelangen über die Haut in den Organismus. Chromgare Gebrauchsleder stellen also einen Risikofaktor für die Gesundheit von Mensch und Tier dar. Alle chromgegerbten Leder haben einen normalen Gesamtchromgehalt zwischen 20 und 30 mg / g. Dagegen liegen die rein vegetabil gegerbten Leder mit 0,0 bis 1 mg / g wie erwartet deutlich darunter, haben jedoch nur geringe Bedeutung, was den Export nach Deutschland angeht.
(Quelle: http://www.fh-hoexter.de/fachbereiche/fb8/fachgebiete/chemie/chemie/diplomarbeiten/poppe.htm)

Indien hat die größten Viehbestände der Welt und um der Nachfrage nach Leder auf dem Weltmarkt gerecht werden zu können, sieht man in dort über Tierschutzbestimmungen und Vorschriften zur artgerechten Haltung von Nutztieren hinweg. Mißhandlungen, Verletzungen, Krankheit, Tod sind an der Tagesordnung. Die so geschädigten “Rohhäute” finden jedoch bei der Chromgerbung weiterhin Verwendung, denn die Oberflächenstruktur spielt hier keine Rolle. Sie ist durch die übliche Weiterverarbeitung von chromgaren Ledern meist nicht mehr zu erkennen. Für die Herstellung von vegetabilem Leder jedoch kommen Häute von kranken , verletzten oder verendeten Tieren nicht in Betracht, denn dieses Leder ist naturbelassen, d.h. jede Veränderung der Haut ist auch im Endprodukt sichtbar.

Um schwache Nerven zu schonen, möchten wir an dieser Stelle nicht weiter auf das Thema der Tierhaltung und Verwertung in Indien eingehen, jedoch weißen wir darauf hin, daß durch eine vermehrte Nachfrage nach vegetabil gegerbtem Leder eine Veränderung auch im Bereich der Nutztierhaltung zu erreichen wäre.
( Weitere Informationen zu der aktuellen Tierhaltungssituation finden Sie unter http://www.petaindia.com/feat/f-leathertrade.asp )

Unsere Verpflichtung:

Nachfrage bestimmt den Markt und initiiert Veränderung!
Zieht man das Vorgenannte nun in Betracht, dann kommt man zu dem Schluß:
Es wird Zeit, umzudenken und in Zeiten der Globalisierung verantwortungsvoll zu handeln. Billig ist nicht immer gut und teuer hat es meist auch in sich !!!

Der Aufdruck “made in germany” kann Vieles bedeuten, ist aber keine Garantie für die Herkunft des Leders. Wie gesagt, alle großen Markenhersteller lassen Häute in Indien produzieren. Alleine in Kanpur sind ca. 800 Gerbereien mit der Herstellung von Sattlerwaren für den Weltmarkt beschäftigt.

Als Reiter haben wir eine besondere Verpflichtung was Umwelt, Nachhaltigkeit und Tierschutz angeht, deshalb unsere Bitte an Sie:

Augen ,Ohren und Nase auf beim Trensenkauf !

Fragen Sie nach der Herkunft des Leders, nach der Art der Gerbung und lassen Sie sich das gute Stück Leder unter die Nase halten. Der Geruch von gutem Leder ist wohl den Meisten unter uns bekannt.
Sie sollten auf Leder aus vegetabiler Gerbung und nachhaltiger Produktion bestehen, damit schützen Sie die Umwelt und sichern so die Zukunft für Mensch und Tier.

1 Kommentar:

  1. Danke für den Artikel! Tatsächlich macht man sich ja wirklich kaum Gedanken darüber wo die vielen Zubehörsachen eigentlich her kommen, die man sich immer so nebenbei kauft...

    AntwortenLöschen